Die Reformpädagogin Maria Montessori hat mit ihrer Pädagogik einen ganz neuen Ansatz in die Pädagogik gebracht. Die Pädagogik nach Montessori ist heute weit verbreitet und findet weltweit Anklang. ‚Hilf mir es selbst zu tun!‘ ist wohl einer der bekanntesten Leitsätze aus der Montessori Pädagogik. In diesem Beitrag wollen wir einmal genau auf den pädagogischen Ansatz blicken, was sich Maria Montessori bei ihrem Ansatz gedacht hat, welches Bild vom Kind herrscht, welche Entwicklungsphasen es gibt, was es mit den sensiblen Phasen auf sich hat und vieles mehr.
Inhaltsverzeichnis
Die Entstehung der Montessori Pädagogik
Maria Montessori wurde 1870 geboren und absolvierte ein Medizinstudium. Im Anschluss hat sie in einer psychiatrischen Klinik gearbeitet. zu dieser Zeit üblich wurden Kinder und Jugendliche mit Behinderung in solchen Kliniken lediglich verwahrt. Es fand keine Förderung oder sonstige pädagogische Intervention statt. Maria Montessori entwickelte mit Ärzten individuell angepasste Lernkarten für die Kinder und Jugendlichen und erzielte enorme Erfolge. Dies veranlasste sie, den Blick auch auf die Förderung nicht behinderter Menschen zu werfen, sie stellte sich die Frage, ob ein Ansatz der individuell auf die Kinder eingeht auch bei diesen Menschen funktionieren würde. Maria Montessori studierte die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und entwickelte ihre Ideen. Sie eröffnete ihr erstes Kinderhaus in einem ärmlichen Viertel für 3-6 jährige Kinder. 1909 verschriftliche sie ihren Ansatz. Maria Montessori und ihre Pädagogik wurde international bekannt.

Montessori Pädagogik - Das Konzept in Pädagogik und Kita
Ein Grundsatz der Montessori Pädagogik ist es, dass das Kind unbewusst nach Selbständigkeit und einer Loslösung von den Eltern strebt, um sich zu einer freien Persönlichkeit zu entwickeln. Kinder erlangen durch selbstständiges Arbeiten eine Selbstdisziplin und erreichen somit ein neues Maß an Autonomie. Beispiele hierfür ist der starke Drang Laufen zu lernen, Aufgaben möglichst alleine zu bewältigen, lesen und schreiben zu lernen und so weiter. Das Kind soll sich nach seinem eigenen inneren Bauplan entwickeln. Das Kind wird als Baumeister seiner Entwicklung angesehen, es weiß selbst, was für die eigene Entwicklung benötigt wird. Montessori spricht hier explizit von Entwicklungspotenzialen, also weniger Zwang und Druck zu einem gewissen Zeitpunkt eine gewisse Entwicklung abgeschlossen haben zu müssen. Zu Teilen ist für die kindliche Entwicklung jedoch noch die Unterstützung und Begleitung durch Erwachsene notwendig. „Hilf mir es selbst zu tun!“ ist in dieser Hinsicht wohl der berühmteste Satz aus der Montessori Pädagogik. Dieser Satz kann als Leitsatz gesehen werden.

Das Kind wird im konstruktivistischen Sinne als Schöpfer seines eigenen Lernens und vor allem des Seins betrachtet. Der Erwachsene muss Vertrauen in die Fähigkeit des Kindes aufbringen. Die Rolle der pädagogischen Fachkräfte also als Vermittler und Begleiter der Kinder und Jugendlichen. Dabei ist wichtig zu beachten, dass jedes Kind seine eigene Lerngeschwindigkeit aufweist und die bis dato gesammelten Erfahrungen und Eindrücke aus dem Leben die Grundlage für die Entwicklung darstellen. In Einrichtungen welche nach dem Montessori Ansatz arbeiten, wählen die Kinder eigenverantwortlich und selbstgewählt Aufgaben aus, welche sie bearbeiten.

Sensible Phasen in der Montessori Pädagogik
Teilweise liest oder hört man in der Montessori Pädagogik von sensiblen Phasen, teilweise von sensitiven Perioden und manchmal sogar von Mischformen. Diese Begrifflichkeiten beschreiben aber alle das Gleiche. Am Ende ihres Lebens hat Maria Montessori erwähnt, dass sie den Begriff der sensitiven Perioden als passender empfindet.
Montessori stellte bei ihrer Arbeit fest, dass Kinder in bestimmten Phasen ihrer Entwicklung eine besondere Empfänglichkeit für den Erwerb neuer Fähigkeiten aufweisen. So gibt es beispielsweise bestimmte Phasen für den Erwerb von Sprache, Bewegung, Ordnung oder der Moral. Maria Montessori nannte diese Zeiträume der Entwicklung sensible Phasen oder sensitive Perioden. Das Kind ist so gesehen in dieser Phase sensibel für das Erlernen neuer Dinge. Die sensiblen Phasen sind allerdings nur von vorübergehender Dauer und dienen dazu, den heranwachsenden Menschen den Erwerb bestimmter Fähigkeiten optimaler zu ermöglichen.

Sobald gewisse Fähigkeiten erworben wurden, klingt die sensible Phase wieder ab. Die vorangegangene sensible Phase stellt das Fundament für die darauffolgende Phase dar. Wird ein Kind in einer für sich sensiblen Phase mit einer passenden Thematik konfrontiert, dann ist es zu tiefer Konzentration fähig.
Insgesamt unterteilt Montessori die Entwicklungsphasen in 3 Abschnitte.
- In das erste Kindheitsstadium (0 bis 6 Jahre)
- das zweite Kindheitsstadium (6 bis 12 Jahre)
- und in das Jugendalter (12 bis 18 Jahre)
Das Kindheitsstadium und das Jugendalter wird jeweils noch mal geteilt und in eine Altersspanne von 3 Jahren aufgeteilt. Gruppen und Klassen in Einrichtungen orientieren sich an diesen Gruppen. Das bedeutet, dass beispielsweise Kinder zwischen 6 und 12 Jahren voneinander und miteinander in einer Gruppe oder einer Klasse lernen. Diese Altersmischung wird mit der unterschiedlichen Lerngeschwindigkeit der einzelnen Kinder begründet. Schauen wir uns jetzt aber einmal alle Abschnitte und Phasen genauer an.
Das erste Kindheitsstadium
Von 0 bis 3 Jahren
In dieser Phase herrscht eine Sensibilität für Ordnung, Bewegung und Sprache. Montessori beschreibt in dieser Phase den allmählichen Wechsel den Bewusstseinszustandes des Kindes. Vom Unbewussten hin zum Bewussten. Die ersten 3 Jahre werden in der Montessori Pädagogik als prägend, zum Teil sogar als wichtigste Lebensphase beschrieben. Sie ist Grundlage für das spätere Lernen und stellt die Formung und Entwicklung der individuellen Persönlichkeit dar.

Von 3 bis 6 Jahren
In dieser Phase herrscht eine Sensibilität für die Bewusstseinsentwicklung und für das soziale Zusammenleben. In dieser Phase liegt der Hauptaugenmerk auf der weiteren Entwicklung der Psyche und des Geistes.
Das zweite Kindheitsstadium
Von 6 bis 12 Jahren
In dieser Phase herrscht eine Sensibilität für neue soziale Beziehungen, die Entwicklung eines moralischen Bewusstseins und eine Sensibilität für Abstraktionen, also für die Fähigkeit Dinge von einer Situation in eine andere übertragen und abstrahieren zu können. Das Kind wird in dieser Phase als stabil bezeichnet, in physischer und psychischer Hinsicht. Das Kind möchte verstehen, wie Dinge funktionieren und große Zusammenhänge erkennen können. Es will greifen und begreifen können. Das Kind möchte erfahren und erleben wie es sich Verhalten soll und kann. Maria Montessori hat einen Leitsatz verfasst, dieser gilt für zwar für alle Phasen, jedoch hat sie ihn besonders auf diese Entwicklungsphase bezogen. „Freiheit so viel wie möglich, Grenzen so viel wie nötig!“

Das Jugendalter
Von 12 bis 15 Jahren
In dieser Phase herrscht eine Sensibilität für Gerechtigkeit und Menschenwürde und für soziale und gesellschaftliche Prozesse. In dieser Phase kommt es zu einigen Veränderungen. Zum Teil wird von einer radikalen Umwandlung gesprochen. Das Kind verändert sich physisch und psychisch und wird zu einem Jugendlichen. Die Persönlichkeit und der Charakter ist noch nicht gefestigt. Der Jugendliche wird von Unsicherheit und Zweifel begleitet. Es beginnt das Bewusstsein zu wachsen, nicht nur Teil einer kleineren Gruppe sondern Teil einer Gesellschaft zu sein. Es wird tendenziell nach Anerkennung in dieser Gesellschaft gestrebt.

Von 15 bis 18 Jahren
In dieser Phase herrscht eine Sensibilität für wissenschaftliche Erkenntnisse und für politische Verantwortung. Der Jugendliche verinnerlicht, dass er Teil einer Gesellschaft ist. Nicht nur die eigene, sondern auch die generelle Rolle von Menschen in einer Gesellschaft wollen verstanden werden. Vor allem wichtig in dieser Phase ist laut Montessori, der Aufbau von Selbstvertrauen und der Aufbau und die Entwicklung eines Gefühls für die eigene Würde. Das Jugendalter wird daher auch die Epoche der sozialen Sensibilität genannt. Der Jugendliche möchte in soziale Beziehungen treten, soziale Verantwortung übernehmen und als unabhängige Person ernstgenommen werden. Es folgt die endgültige Eingliederung in das Gesellschaftssystem, bestenfalls mit einer bezahlten Tätigkeit, welche den Fähigkeiten und Interessen des Jugendlichen entspricht.

Spielmaterialien in der Montessori Pädagogik
Spielmaterialien spielen in der Montessori Pädagogik eine wichtige Rolle. Insgesamt sind diese übersichtlich und einfach strukturiert gestaltet. Durch diese Aufmachung soll dem Kind möglichst wenig vorgegeben werden, aber dennoch eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Entwicklungs- und Persönlichkeitsförderung gegeben werden. Das ganze natürlich entsprechend der formulierten sensiblen Phasen der Montessori Pädagogik.

Spielmaterialien der Montessori Pädagogik weisen bestimmte Eigenschaften auf. Schauen wir uns deshalb die 3 wichtigsten Eigenschaften und Ideen dazu an.
- Die Selbstkorrektur
Die Spielmaterialien sind so aufgebaut, dass die Kinder selbst erkennen können, ob diese richtig verwendet wurden. Durch diese ‚eingebaute‘ Selbstkorrektur ist es dem Kind möglich, dass es eigenständig und unabhängig von anderen Personen anhand der Materialien lernen kann. Das Kind muss nicht auf Fehler oder eine falsche Verwendung hingewiesen werden. - Vom Einfachen zum Speziellen
Die Spielmaterialien sind so aufgebaut, dass ihre Verwendung für simple Dinge möglich ist, diese aber in ihrer Komplexität steigerbar ist. Dadurch kann das Kind (je nach Entwicklungs- und Interessenstand) das Materiale so verwenden, wie es gerade für die eigene Entwicklung sinnvoll ist. Das erspart Frustration, knüpft an die Individualität der Entwicklung an und fördert gleichzeitig die Problemlösefähigkeiten. - Die konkrete Darstellung
Montessori Spielmaterialien versuchen es, abstrakte Konzepte in einer vereinfachten Aufmachung darzustellen. Vereinfacht gesagt; die Spielmaterialien sind in ihrer Struktur simpel gehalten, lassen sich aber vielseitig verwenden. Dies soll abstrakte Denkprozesse fördern und ein praktisches Lernen ermöglichen.