Korczak Pädagogik – Kinderparlament und Partizipation

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Janusz Korczak und seine Pädagogik gilt als einer der Grundsteine für die Partizipation in der Pädagogik. So etablierte Korczak in seiner Pädagogik beispielsweise Kinderparlamente, Kinderzeitungen und ein Gericht (bestehend aus Kindern und Jugendlichen), welches dazu diente schwache Kinder vor Erwachsenen zu schützen. Korczaks selbst stand 6 mal vor diesem Gericht (u.a für das Rutschen auf einem Treppengeländer, aber auch für Beleidigungen gegenüber eines Richters). Korczak bereitete den Weg für Partizipation in der Pädagogik. Einen ausführlichen Beitrag zum Thema Partizipation findest du hier. Weitere Berühmtheit erlangte Korczaks für seinen aufopferungsvollen Tod, er verzichtete auf seine eigene Rettung und begleitete „seine“ Waisenkindern ins KZ in einen sicheren Tod.

Inhaltsverzeichnis

Wer war Janusz Korczak?

Janusz Korczak war ein Kinderarzt, Buchautor und vor allem ein Pädagoge, dessen Wirken einen maßgeblichen Einfluss auf die heutige Pädagogik und Partizipation hat. Auch wenn der Name und die Inhalte seiner Pädagogik nicht so populär behandelt werden, wie die von anderen bedeutenden Pädagogen und Pädagoginnen.

Janusz Korczak wurde 1878 oder 1879 in Warschau geboren, das genaue Geburtsjahr steht tatsächlich nicht fest. Korczak interessierte sich schon früh für die Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern. Vor allem für diese Zeit war seine Grundhaltung und sein Blickwinkel Kindern gegenüber außergewöhnlich positiv, ein großes Ziel war es, ein demokratisches und wertschätzendes Leben mit Kindern zu etablieren.

Der pädagogische Ansatz von Janusz Korczak lässt sich wesentlich mit drei Begriffen beschreiben; Wertschätzung, Partizipation und Lebensfreude. 1912 gründe Korczak seine erste Einrichtung für Waisenkinder. In diesen setzte er seine pädagogischen Ansätze und die Grundhaltung um.

Korczak Pädagogik

Korczak Pädagogik - Das Bild vom Kind

Die Grundhaltung dem Kind gegenüber ist vor allem durch die Offenheit der Individualität geprägt. Das Kind ist ein vollwertig kompetenter Mensch und muss nicht irgendeinem Bild entsprechen, welches der Erwachsene ihm vorgibt. Das Ziel seiner Pädagogik war es, das Kind zu Selbstständigkeit und Selbstverantwortung zu verhelfen. Janusz Korczak hat sich immer wieder für die Grundrechte von Kindern eingesetzt. Zu der damaligen Zeit wurden Kinder nicht als vollwertig angesehen, auch gab es die Grundrechte für Kinder damals nicht. Korczak hat 3 Grundrechte für Kinder formuliert:

3 Kinderrechte in Korczaks Pädagogik

Kinderrecht 1: Das Recht auf den eigenen Tod

Korczak war lange Zeit als Kinderarzt tätig und hat häufig erlebt, wie Kinder qualvoll und früh starben. Besonders dann wollte das Umfeld die Kinder vor allem Negativen schützen, dem Kind wurde kein Freiraum mehr gelassen. Aber auch bei gesunden Kindern zeigen einige Eltern und Pädagogen die Tendenz, dass Kind vor allem schützen zu wollen um bloß keine negativen Erfahrungen, Verletzungen oder Schmerzen zu erfahren. Natürlich sollte größere Katastrophen verhindert werden und das Kind muss Grenzen kennen, aber eine Überbehütung und Überpädagogisierung nimmt dem Kind jede Chance auf Autonomie und Freiraum. Korczak hat dieses Recht also so drastisch formuliert, um auf die Vergänglichkeit des Lebens hinzuweisen und um vor einer überbehüteten Erziehung und Pädagogik zu warnen.

Kinderrecht 2: Das Recht auf den heutigen Tag

Diese Recht knüpft an das vorherige Grundrecht an. Bei diesem Recht geht es vor allem um die Gegenwart des Kindes. Das Kind darf im hier und jetzt leben und sein Tun und handeln darauf beziehen, ohne zu große Sorgen vor der Zukunft zu haben. Die ferne Zukunft ist ungewiss und für Kinder viel zu abstrakt. Möglicherweise tritt sie für das Kind sogar niemals ein. Das Handeln von Erwachsenen, vor allem von pädagogischen Fachkräften ist meist stark davon geprägt, wie der Mensch in Zukunft sein soll, was er erreichen soll und wie er sich zu verhalten hat. Als Beispiel wird hier häufig das Streben der Eltern nach einem bestimmten Beruf für das Kind genannt.

Kinderrecht 3: Das Recht des Kindes, so zu sein, wie es ist.

Bei diesem Grundrecht geht es darum, dass Kind in seiner Individualität wahrzunehmen und zu fördern, es zu bestärken und nicht unter Strafe zu stellen. Das Kind sollte eigene Interessen, Meinungen und Ideen entwickeln und nicht von den Erwartungen und Ansprüchen der erwachsenen Person überfordert werden.

Partizipation und Demokratie in Korczaks Pädagogik

Wertschätzung, Demokratie und Partizipation sind die grundlegenden Pfeiler der Pädagogik nach Janusz Korczak. Vor allem waren diese für die damaligen Verhältnisse revolutionär. Das Maß an Wertschätzung, Teilhabemöglichkeiten und Partizipation findet sich selbst heute, über 100 Jahre später nur in wenigen Einrichtungen. Die grundlegende Haltung dem Kind gegenüber wurde schon beschrieben, aber es gab auch einige praktische Umsetzungsmöglichkeiten, welche Korczak in seiner pädagogischen Praxis einbaute. Diese förderten vor allem die Selbstverantwortung, die Selbstständigkeit, das Demokratieverständnis und das Rechtsbewusstsein.

Korczak Partizipation, Demokratie

Das Kinderparlament

Über das Kinderparlament stimmten die Kinder über wichtige Themen des Alltags und über Rechte und Pflichten ab. Diese galten unter anderem als Grundlage für das Kameradschaftsgericht.

Korczak Kinderparlament

Das Kameradschaftsgericht

Die Gemeinschaft urteilte über grobe Vergehen und über Selbstanzeigen. Das Motto des Gerichts lautete:

„Wenn einer etwas Böses getan hat, so ist es am besten, ihm zu verzeihen und zu warten, bis er sich bessert. Aber das Gericht muss die Stillen beschützen, damit die Starken ihnen nicht das Leben schwermachen“

Im Waisenhaus wurde ein Kodex mit 109 Regeln erstellt. Wurden diese gebrochen, wurde darüber gerichtet. Der Richter wurde dabei von den Kindern aus den eigenen Reihen gewählt. Korczak zeigte sich selbst insgesamt 6 mal selbst vor dem Gericht an. Unter anderem für das Rutschen über das Treppengeländer, aber auch für das Beleidigen eines Richters.

Die Anschlagtafel

Die Anschlagtafel war so etwas wie das Schwarze Brett. Es wurde von den Erwachsenen konzipiert um wichtige Informationen kindgerecht an die Kinder weiterzugeben.

Die Kinderzeitung

Die Kinderzeitung wurde neben Korzcak lediglich von Kindern und Jugendlichen betrieben. Hier wurden für Kinder und Jugendliche relevante Themen behandelt.

Korczak Pädagogik - Rolle der erwachsenen Person

Der erwachsenen Person wird in der Pädagogik nach Korczak eine große Rolle zugesprochen. Wie schon erwähnt, ist es ganz maßgeblich, dass die Individualität des Kindes wertgeschätzt wird.

Die erwachsene Person muss aufpassen, dass Kind nicht mit den eigenen Erwartungen zu überlasten und so eine freie Entfaltung zu hemmen. Dabei sollten die Grundrechte des Kindes geachtet werden. Das Kind muss klare Strukturen und Grenzen kennen, dabei jedoch eigenverantwortlich, selbstbestimmt und kindgerecht Freiräume genießen können.

Für die Entwicklung des Kindes ist ein partnerschaftliches Miteinander von großer Bedeutung. Die erwachsene Person sollte authentisch auftreten, sich selbst und das eigene Tun kritisch betrachten und für Veränderungsvorschläge offen sein.

Janusz Korczaks Tod

Im August 1942 wurde das jüdische Waisenhaus in dem Korczak Leiter war, von der SS geräumt. Die 192 jüdischen Waisenkinder wurden in das Vernichtungslager Treblinka deportiert. Korczak selbst wusste natürlich, was das bedeutet. Kennt man seine Werte, seinen pädagogischen Ansatz und seine Grundhaltung Kindern gegenüber, kann man erahnen, was das in ihm ausgelöst haben muss. Korczak selbst hatte die Möglichkeit, verschont zu werden, entschied sich jedoch (mit dem Wissen, dass dies seinen sicheren qualvollen Tod bedeute) dafür, die Waisenkinder in das Vernichtungslager zu begleiten. Am 07. August 1942 starb Korczak zusammen mit „seinen“ Kindern.

Der Pianist Władysław Szpilman war zu diesem Zeitpunkt selbst in dem Waisenhaus und beobachtete die Räumung der Einrichtung und berichtete davon wie folgt:

„Eines Tages, um den 5. August […] wurde ich zufällig Zeuge des Abmarsches von Janusz Korczak und seinen Waisen aus dem Ghetto. Für jenen Morgen war die ‚Evakuierung‘ des jüdischen Waisenhauses, dessen Leiter Janusz Korczak war, befohlen worden; er selbst hatte die Möglichkeit, sich zu retten, und nur mit Mühe brachte er die Deutschen dazu, daß sie ihm erlaubten, die Kinder zu begleiten. Lange Jahre seines Lebens hatte er mit Kindern verbracht und auch jetzt, auf dem letzten Weg, wollte er sie nicht allein lassen. Er wollte es ihnen leichter machen um wenigstens seinen kleinen Zöglingen den Schrecken des Übergangs vom Leben in den Tod zu ersparen. Sie würden aufs Land fahren, ein Grund zur Freude, erklärte er den Waisenkindern. […] Er ordnete an, sich festtäglich zu kleiden und so hübsch herausgeputzt, in fröhlicher Stimmung, traten sie paarweise auf dem Hof an.“

Zu den Kanälen: