Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) wurde von Marshall Rosenberg entwickelt. Die Gewaltfreie Kommunikation kann als ein Handlungskonzept verstanden werden, sie umfasst eine Kommunikationstechnik, aber vor allem eine Haltung. Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg soll zu einem besseren Kommunikationsfluss mit mehr Freude und Vertrauen zwischen Menschen führen.
Inhaltsverzeichnis
Was versteht man unter der gewaltfreien Kommunikation?
Wie Eingangs schon erwähnt handelt es sich bei den Techniken der gewaltfreien Kommunikation um ein Handlungskonzept und eine Haltung, welche zu einem besseren Kommunikationsfluss mit mehr Freude und Vertrauen zwischen Menschen führen soll. Dieses Handlungskonzept zur gewaltfreien Kommunikation lässt sich zur friedlichen Konfliktlösung im Alltag, aber auch im beruflichen und persönlichen Kontext nutzen. Marshal Rosenberg betonte mehrfach explizit, dass es bei der gewaltfreien Kommunikation nicht ausschließlich um eine bloße Technik geht, welche Dinge mit netteren Worten beschreiben soll, sondern um eine Haltung. Eine Haltung der Bewusstmachung der eigenen Person mit den inneren Einstellungen und Bedürfnissen, sowie die Bereitschaft zur Empathie und offenen Kommunikation anderen Menschen gegenüber. Der Begriff der gewaltfreien Kommunikation wird häufig in Frage gestellt, mit der Begründung, dass er nicht wirklich dass trifft, was Rosenberg mit seinem Handlungskonzept erreichen will. Es gab einige Alternativideen welche das Konzept besser beschreiben sollen, beispielsweise die bewusste, wertschätzende, durchsetzungsstarke oder effektive Kommunikation.
Die Grundannahmen der gewaltfreien Kommunikation
Die Grundlage des Handlungskonzepts der gewaltfreien Kommunikation bilden verschiedene Grundannahmen. Die Grundannahmen der gewaltfreien Kommunikation wollen wir uns jetzt anschauen:
Empathie stellt die Grundlage für gelingende Kommunikation dar
Menschen suchen eine empathische Verbindung zu Mitmenschen. Das bedeutet, dass Menschen das Bedürfnis haben, andere zu verstehen, dafür selbst aber auch verstanden zu werden. Die gewaltfreie Kommunikation soll dabei helfen, sich ehrlich und klar auszudrücken. Der Fokus liegt dabei auf den Gefühlen und Bedürfnisse, vor allem ist dies in Konflikten einer Lösung dienlich.
Jede Form von Gewalt stellt einen tragischen Ausdruck eines unerfüllten Bedürfnisses dar
Zusätzlich beinhaltet die Haltung der gewaltfreien Kommunikation, dass nur der Mensch selbst Verantwortung für seine Gefühle und Bedürfnisse hat.
Eine gelingende und gewaltfreie Kommunikation ist an bestimmte Bedingungen geknüpft. Beispielsweise sollten Bedürfnisse als Bitte und nicht als Forderung formuliert werden. An die konkreten Bedingungen zur gelingenden Kommunikation knüpft das Handlungskonzept der gewaltfreien Kommunikation an.
Gewaltfreie und lebensentfremdende Kommunikation
Kohlberg unterscheidet zwischen der gewaltfreien und der lebensentfremdenden Kommunikation. Es folgen jetzt die 4 konkreten Eigenschaften der lebensentfremdenden Kommunikation und anschließend die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation.
Die lebensentfremdende Kommunikation - die Formen
Unter der lebensentfremdenden Kommunikation versteht Rosenberg die Formen der Kommunikation, welche zu psychischer und physischer Gewalt beitragen können und eine empathische Verbindung und Bedürfnisbefriedigung der Menschen verhindern.
1. Verurteilungen dem Kommunikationspartner gegenüber
Dazu gehören Zuschreibungen von Eigenschaften. In der Gewaltfreien Kommunikation wird bewertet, aber nur Handlungen anderer in Bezug auf die eigenen Bedürfnisse und Gefühle.
2. Anstellen von Vergleichen
Anstellen von Vergleichen. Damit ist gemeint, dass der Kommunikationspartner mit einer anderen Person verglichen wird, im schlimmsten Fall um ihn auf sein vermeidliches Fehlverhalten hinzuweisen. Rosenberg nennt dies ebenfalls eine Form der Verurteilung.
3. Leugnen der eigenen Verantwortung
Das Leugnen der Verantwortung für eigene Gefühle und Handlungen. Ein Beispielsatz wäre „Wegen dir hab ich immer so schlechte Laune!“
4. Forderungen stellen statt zu bitten
Forderungen geben dem Kommunikationspartner das Gefühl, keine andere Wahl zu haben, im schlimmsten Fall seiner Freiheit beraubt zu werden. Durch eine Bitte, gibt man dem Kommunikationspartner die Möglichkeit frei zu entscheiden was er möchte, gleichzeitig nimmt man so Rücksicht auf seine Bedürfnisse.
Die gewaltfreie Kommunikation - die 4 Schritte
Kommen wir jetzt zur konkreten Anwendung des Handlungskonzepts der gewaltfreien Kommunikation. Rosenberg nennt hier 4 einzelne Schritte welche zu einer gewaltfreien Kommunikation beitragen.
Schritt 1: Die objektive Beobachtung und Beschreibung der Situation.
Eine möglichst objektive Beschreibung der Situation ohne diese mit Interpretationen oder Wertungen zu mischen. Dem Kommunikationspartner soll vermittelt werden worum es sich handelt, die Beobachtung muss von der Bewertung getrennt werden. Dabei ist es wichtig, auf verallgemeinernde und wertende Worte zu verzichten, also beispielsweise auf „nie“, „immer“, „schon wieder“, „wie immer“, „keiner“, „alle“ und so weiter.
Schritt 2: Die Gefühle
Bei diesem Schritt in der gewaltfreien Kommunikation ist es wichtig, sich bewusst zu machen, welches Gefühl durch die Situation ausgelöst wurde
Schritt 3: Das Bedürfnis hinter dem Gefühl
Welches Bedürfnis steckt hinter dem ausgelösten Gefühl? Rosenberg definiert ein Gefühl als eine Art Indikator dafür, welches Bedürfnis gerade im Menschen vorhanden ist. Ein Bedürfnis kann zum Beispiel die Sicherheit oder das Verständnis sein.
Schritt 4: Formulieren einer Bitte
Bei diesem Schritt ist es wichtig, zwischen einer Bitte und einem Wunsch zu unterscheiden. Ein Wunsch bezieht sich meist auf einen ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft, mit einer nicht ganz klaren Aussage. „Sei in Zukunft bitte etwas netter!“ wäre ein Wunsch. Eine Bitte kann zum Beispiel eine klare Handlung meinen („Kannst du mir den Teller geben?“) oder die Bitte um Rückmeldung seitens des Kommunikationspartner. Beispielsweise kann nach den Empfindungen oder Einschätzungen des Kommunikationspartners gefragt werden. („Magst du mir sagen, wie es dir mit der Situation ging?“)
Beispiel für die gewaltfreie und die lebensentfremdende Kommunikation
Menschen fällt es häufig schwer über ihre Gefühle zu reden, vor allem in angespannten Konfliktsituationen, das geht nicht selten soweit, dass Menschen Konflikte ganz scheuen. Über Gefühle zu sprechen ist in der Gewaltfreien Kommunikation auch gar nicht zwingend notwendig. Es kann nämlich über Bedürfnisse gesprochen werden. Beispiel, eine Erzieherin ist enttäuscht und mittlerweile total sauer, weil ihr eine Stundenerhöhung in Aussicht gestellt wurde, diese aber bisher nicht stattgefunden hat. Sie muss der Einrichtungsleitung nicht mitteilen, dass sie enttäuscht und total sauer ist, es reicht wenn sie im Gespräch die Situation objektiv beschreibt (Stundenerhöhung in Aussicht gestellt, heute noch keine Stundenerhöhung) und ihr Bedürfnis äußert. Sie hat das Bedürfnis nach Klärung und Offenheit (Wieso hat die Stundenerhöhung noch nicht stattgefunden? Gibt es vielleicht nachvollziehbare Gründe?), dieses Bedürfnis irritiert sie und sie bittet um Klärung und Rückmeldung der Einrichtungsleitung.
Beispiel lebensentfremdende Kommunikation
„Ich bin total sauer! Sie habe mir mehr Stunden versprochen, natürlich ist bis heute nichts passiert. Ich erwarte von Ihnen als kompetente Leitung, dass sie meine Stundenzahl wie versprochen erhöhen!“
Beispiel gewaltfreie Kommunikation
„Am 12 Januar wurde in unserem Gespräch eine Stundenerhöhung vereinbart, welche noch nicht umgesetzt wurde. Ich möchte darüber noch einmal mit ihnen sprechen und die Sache klären. Können sie mir dazu weitere Informationen geben?“
Grenzen der gewaltfreien Kommunikation
Die Anwendung ist abhängig von der Entwicklung und Bereitschaft der Kommunikationspartner. Da es sich nicht nur um eine bloße schnell erlernbare Technik handelt, sondern es eine gewisse Kompetenz an Empathie und realistischem Selbstbewusstsein voraussetzt. Zusätzlich stellt die Gewaltfreie Kommunikation kein überall einsetzbares Wundermittel dar. Vor allem in sehr emotionalen oder gefühlsbesetzten Situationen kann es schwierig sein, bewusst über seine innere Haltung zu werden und diese auch noch angemessen zu kommunizieren, das Handlungskonzept verlangt Übung und einen Verinnerlichungsprozess.