Das 4 Ohren Modell nach Schulz von Thun stellt ein Kommunikationsmodell dar. Es hilft dabei die menschliche Kommunikation zu analysieren und auf verschiedenen Ebenen zu betrachten. Schulz von Thun geht in seinem 4 Ohren Modell davon aus, dass jede Art von Kommunikation vier Seiten hat, die 4 Seiten einer Nachricht. Diese 4 Seiten (Sachebene, Selbstkundgabe, Beziehungseben, Apellebene) schauen wir uns in diesem Beitrag anhand eines Beispiels genauer an. Du wirst das 4 Ohren Modell nach Schulz von Thun nach diesem Beitrag kennen und besser verstehen.
Inhaltsverzeichnis
Was genau ist das 4 Ohren Modell?
Wie eingangs schon erwähnt wurde es von Schulz von Thun entwickelt und stellt ein Kommunikationsmodell dar, anhand dessen sich Kommunikation analysieren und auf verschiedenen Ebene betrachten lässt. Du kennst das Vier Ohren Modell vielleicht auch unter dem Begriff Kommunikationsquadrat oder Nachrichtenquadrat. Jede Äußerung die getätigt wird enthält vier Botschaften. Man sagt auch, dass eine Äußerung vier Seiten oder vier Ebenen hat. Mit diesen Begriffen ist immer das gleiche gemeint. Im 4 Ohren Modell wird die Sachebene, die Selbstkundgabe, die Beziehungsebene und die Appellebene beschrieben. Wir schauen und diese 4 Ebenen gleich noch genau an.

Schulz von Thun beschreibt, dass der Sprecher (auch Sender genannt) auf den vier Ebenen spricht und der Zuhörer (auch Empfänger genannt) auf den vier Ebenen hört. Sowohl Sprecher als auch Zuhörer sind dabei für die Qualität der Kommunikation verantwortlich.
Wann Kommunikation unmissverständlich ist
Im Idealfall findet eine unmissverständliche Kommunikation statt. Also der Zuhörer
versteht das vom Sprecher gesagt auf allen Ebenen genauso wie es gemeint war. Es kommt zu keinen Missverständnissen, es wurde klar kommuniziert. Die unmissverständliche Kommunikation ist aber keinesfalls die Regel. Der gesamte Alltag besteht aus Kommunikation, es wird fast dauerhaft kommuniziert und es ist gar nicht möglich jedes Gespräch auf allen Ebenen zu analysieren und bei Irritationen Rückfragen zu stellen. Es kommt zu Missverständnissen wenn Sprecher und Zuhörer die Ebenen unterschiedlich gewichten oder deuten.

Die 4 Ebenen und Seiten des 4 Ohren Modells
Die Sachebene (Ebene 1)
Auf dieser Ebene steht die Sachinformation als solches im Vordergrund. Ohne Interpretation, also genau dass, was wortwörtlich gesagt wurde. Der Sprecher vermittelt Daten, Fakten, Informationen und so weiter. Seine Aufgabe ist es, dies mit Klarheit und Verständlichkeit zu tun. Der Zuhörer prüft auf dieser Ebene mit seinem Sachohr die Daten, Fakten und Informationen. Er prüft sie auf drei Kriterien: Erstens auf die Wahrheit; also ob sie wahr oder falsch sind. Zweitens auf die Relevanz, also ob sie wichtig oder unwichtig sind. Drittens auf die Hinlänglichkeit, also ob sie ausreichend sind oder etwas hinzugefügt werden muss.

Die Selbstkundgabe (Ebene 2)
Die Ebene der Selbstkundgabe beschreibt, dass jede Aussage eine Selbstenthüllung des Sprechers mit sich bringt. Das kann bewusst oder unbewusst geschehen. Es ist somit eine Deutung der Persönlichkeit des Sprechers möglich. Die Selbstkundgabe bezeichnet die verbale Kommunikation von persönlichen und vertraulichen Gedanken, Gefühlen oder Informationen. Der Sprecher kann Informationen über seine Persönlichkeit implizit oder explizit, bewusst oder unbewusst, freiwillig oder unfreiwillig tätigen. Der Zuhörer hört zu und versucht die Aussage auf dem Ohr der Selbstkundgabe zuzuordnen. Unbewusst stellt sich der Zuhörer fragen wie:
Was ist der Sprecher für ein Mensch? Wie ist er drauf? Was ist mit ihm los?

Die Beziehungsebene (Ebene 3)
Auf der Beziehungsebene kommt zum Ausdruck, wie der Sprecher und der Hörer sich zueinander verhalten und wie sie sich einschätzen. Der Sprecher kann – durch die Art der Formulierung, seine Körpersprache, den Tonfall und anderes – Wertschätzung, Respekt, Wohlwollen, Gleichgültigkeit, Verachtung in Bezug auf den Anderen zeigen. Abhängig davon, was der Hörer im „Beziehungs-Ohr“ wahrnimmt, fühlt er sich entweder akzeptiert oder herabgesetzt, respektiert oder bevormundet. Wenn es auf dieser Ebene zu einer unmissverständlichen Aussage oder falschen Gewichtung kommt, hat dies starkes Konflikt und Eskalationspotenzial.

Die Appellebene (Ebene 4)
Auf der Apellebene werden Wünsche, Apelle, Anregungen, Ratschläge, Bitten und so weiter transportiert. Der Sprecher möchte in aller Regel etwas erreichen und Einfluss nehmen. Er möchte beispielsweise, dass der Zuhörer etwas tut oder etwas unterlässt. Das lässt sich auf der Apellebene erkennen. Der Versuch Einfluss zu nehmen, kann offen oder verdeckt sein. Offen sind dabei beispielsweise Bitten oder Aufforderungen. Verdeckte Veranlassungen sind nicht direkt benannt und geäußert und werden auch als Manipulation bezeichnet. Das „Apellohr“ des Zuhörer scannt sozusagen die Aussage des Sprechers mit der Frage:
„Was bringt mir diese Aussage, was soll ich denken, was soll ich machen oder fühlen?“

4 Ohren Modell - ein Beispiel aus der praktischen Pädagogik
Nach einem Angebot in der Kita stellt die Praxisanleitung der Auszubildenden eine Frage:
„Wieso hast du 3 Kinder für das Angebot ausgewählt?“
Schauen wir uns an, was die Praxisanleitung mit dieser Frage auf den einzelnen Ebenen gemeint hat:
Sachebene: Du hast 3 Kinder für das Angebot ausgewählt.
Selbstkundgabe: Ich bin interessiert an dem Grund für deine fachliche Entscheidung.
Beziehungsebene: Mir ist es wichtig, dass ich für dich eine gute Praxisanleiterin bin und erkundige mich deshalb. Ich vertraue deiner Entscheidung.
Appellebene: Lass uns gemeinsam reflektieren und Vor- und Nachteile formulieren.

Schauen wir uns jetzt an, was die Auszubildende mit dieser Frage auf den einzelnen Ebenen verstanden hat:
Sachebene: Du hast 3 Kinder für das Angebot gewählt
Selbstkundgabe: Ich halte deine Entscheidung für falsch
Beziehungsebene: Du bist eine schlechte Auszubildende
Appellebene: Denke das nächste mal besser nach und wähle eine angemessene Anzahl an Kindern.

Die Analyse der Kommunikation zeigt, dass es ein Missverständnis gab, weil die Ebenen unterschiedlich gewichtet und interpretiert wurden.
Die Praxisanleitung hätte die Gründe für ihre Frage vorab benennen können, beispielsweise wenn sie wusste, dass die Auszubildende vielleicht unsicher ist oder es in der Vergangenheit schon zu kommunikativen Missverständnissen kam. Wie aber schon erwähnt, sind immer beide Kommunikationsparteien für die Kommunikation verantwortlich. Die Auszubildende hätte also ebenso ihre Irritation bezüglich der Frage verbalisieren können.
Gewichtung der 4 Ebenen individuell und unterschiedlich
Die Ebenen sind bei jeder Kommunikation unterschiedlich stark ausgeprägt und gewichtet. Welche Ebene wie gewichtet ist, ist abhängig von der Kommunikationsdynamik, dem Kontext und der Beziehung in der sich die Personen zueinander befinden. Ein Richter in einem Strafprozess wird die Sachebene deutlich höher gewichten, als ein Mann der seiner Frau gerade einen Hochzeitsantrag macht.
Schulz von Thun beschreibt außerdem, dass Kommunikation explizit und implizit ablaufen kann. Explizit bedeutet, dass sie ausgesprochen werden. Das Kind im Kindergarten beispielsweise zu dir sagt „Ich mag dich!„. Explizit wäre die Kommunikation, dass dir das Kind ein Bild malt und es dir gibt.

Kommunikation kann kongruent oder inkongruent sein
Kommunikation kann kongruent und inkongruent sein. Kongruent bedeutet, dass die Signale der Kommunikation auf allen vier Ebenen Stimmig und kompatibel sind. Sie passen also zueinander. Inkongruent wäre es, wenn das Kind, welches dich definitiv mag, aus dem ersten Beispiel immer Ärger macht und ausschließlich genau das Gegenteil von dem macht, was du aufträgst.
